In
der Gilcher-Familie, die sich nach dem 30-jährigen Krieg von Horschbach
aus im Westrich verbreitet hatte, war in unserer Zeit
nur noch bei ganz wenigen Nachkommen bekannt,
dass ein Spross dieser Familie etwas mit
dem Schinderhannes zu tun hatte. Genaueres wusste niemand mehr. Erst das
"Schinderhannesjahr" 2003 brachte
wieder Licht in diesen Fall.
In Frage 126 fand sich
dort ein Hinweis auf die Gilcher-Familie. Auf die Frage, wo sich denn der
Philipp Gilcher aus Wiesweiler befinde, antwortete er, der sei zu Trier
guillotiniert worden. Wie so viele andere richtige und wahre Angaben des
Johannes Bückler war auch
diese Aussage über seinen
Ex-Komplizen zutreffend. In den Beiakten zum Schinderhannesprozess finden
sich denn auch die Schandtaten und das Schicksal des Philipp Gilcher im
- französischen - Wortlaut seines eigenen Strafprozesses[1]
vor dem Kriminalgericht des Saargebiets (Département de la Sarre)
vom 27.August 1800.
Philipp
Gilcher war das jüngste von drei
Kindern des Schneidermeisters
Hans
Simon Gülcher ~25.2.1685 Nerzweiler, +14.4.1757 Aschbach, seit
seiner Konfirmation Simon-Jakob genannt, Sohn des Schusters Michael
Gülcher und der Anna Elisabetha Kleemann.
Wegen
des Einbruches in Offenbach stand Gilcher jedoch nicht vor Gericht. Ihm
wurden in seinem Strafprozess in Trier nur die Taten vorgeworfen, die er
im Anschluss daran, meist mit der Schinderhannes-Bande zusammen, beging.
Seine Prozessakten nennen - kurz zusammengefasst - folgende Taten, an denen
er beteiligt war: -
Am 18.12.1799 wurden sechs Besucher des Birkenfelder Marktes in der Nähe
des Wickenhofes von 3 Räubern überfallen, mit Pistolen bedroht
und vier davon um 95 Gulden erleichtert (David Joseph, Samuel Hayum,
David Jecol von Hundsbach, Salomon Hayum von Schweinschied). Einer
der drei Räuber war Philipp Gilcher, ein zweiter war der Schinderhannes.
Es seien "drei große starke Leute" gewesen, die den Weg blockiert
hatten und geschrien hatten "Jud, geb dein Geld her, oder du bist des Todes!"[4] -
Dieselben drei überfielen kurze Zeit später am selben Tag an
derselben Stelle - ein Weg der durch ein Wäldchen namens "Schmalzhecke"
führte - den Metzger Christoph
Schank von Meisenheim, der auch vom Birkenfelder Markt heimkehrte und
nahmen ihm unter Morddrohungen 280 Gulden ab. -
Am 10.1.1800 nachts um halb elf hatte sich Gilcher mit einer Bande von
24 Räubern - dabei auch der Schinderhannes -Zutritt
zur Antesmühle verschafft. Die Bande hatte sich Essen zubereiten lassen,den
Müller Michel Horbach grausam verprügelt, um Geld von
ihm zu erpressen - allerdings vergeblich -, hatte Kleider gestohlen, in
die Stubendecke geschossen und die Fenster eingeschlagen. -
Anschließend war die Bande nach Otzweiler weitergezogen, hatte sich
unter einem Vorwand Zutritt in das Haus des Peter Riegel verschafft,
um das bei ihm vermutete Geld zu rauben. Es fielen fünf Schüsse
im Hausgang. Peter Riegel wurde erschossen, als er fliehen wollte, sein
Schwiegersohn Conrad Bauer schwer verletzt. Philipp Gilcher wurde
von den Geschworenen weder für den Tod des Peter Riegel , noch für
die Verletzung des Conrad Bauer unmittelbar verantwortlich befunden. Am
2.2.1800 war Philipp Gilcher als Anführer einer Bande von vier Dieben
in der Walkmühle bei Kusel eingebrochen, indem sie die Eisengitter
vor einem Fenster herausbrachen, hatten dem Müller Philipp Bitsch
durch Gewaltandrohung 6 Sechspfund-Münzen entwendet, sowie Kleidung,
Silbergegenstände und Lebensmittel (Kaffee und Zucker). -
Schließlich wurde Philipp Gilcher vorgeworfen, dass er am 7.März
1800 zur mittleren Mühle von Krebsweiler gegangen sei in der Absicht,
dort den Branntweinhändler Peter Maurer von Becherbach, der
ihn beim Schmalzheckenüberfall erkannt hatte, umzubringen. Der Müller
Peter
Horbach und seine Frau hätten ihn von diesem Vorhaben jedoch noch
abbringen können. Nach
diesem Vorfall war für Philipp Gilcher endgültig Schluss mit
dem Räuberleben, das er nicht wie sein Komplize Johannes Bückler
jahrelang, sondern nur wenige Monate geführt hatte. Vier Tage später,
am 11.März 1800, stellte der
Friedensrichter von Grumbach einen Haftbefehl auf ihn aus, der am folgenden
Tag von den Gendarmen Mangel und Denies aus Kusel vollzogen
wurde. Zunächst kam er nach Birkenfeld ins Gefängnis und wurde
dann im Juli 1800 in Trier an das Spezialgericht übergeben, das die
französische Besatzungsmacht eingerichtet hatte, um dem Banden- und
Räuberunwesen in den eroberten linksrheinischenDépartements,
vor allem der Schinderhannes-Bande, Herr zu werden. Obwohl
Philipp Gilcher keines Mordes und keiner Gewalttat gegen Personen für
schuldig befunden wurde, sondern lediglich seine Beteiligung an Diebstählen,
Raub und Einbrüchen festgestellt wurde, haben ihn die Geschworenen
nach dem französischen Strafgesetzbuch und den Polizeiverordungen,
die 1798 von Frankreich in der Pfalz eingeführt worden waren, zum
Tode verurteilt. Das Urteil erging am 20.November 1800 und war laut Gesetz
nach drei Tagen zu vollstrecken.
Philipp Gilcher ist also am 23.11.1800 in Trier unter der Guillotine gestorben,
genau ein Jahr nach dem ersten überlieferten und gemeinsam mit dem
Schinderhannes und Erzpeter begangenen Einbruch. Ob
mit dieser Enthauptung der Gilcher-Stamm von Wiesweiler endgültig
ausgestorben war, ist die spannende Frage, die es noch zu lösen gilt.
Was war aus seinem älteren Bruder Adam Gilcher geworden? Außer
der Geburt und der Konfirmation fand sich bisher kein weiteres Lebenszeichen
von ihm in den Kirchenbüchern der näheren Umgebung. Hat er es
eventuell vorgezogen, das Dorf, in dem sein Bruder sich und die Familie
unmöglich gemacht hatte, für immer zu verlassen?[5]
Die Gilcher-Familie des Simon-Jakob jr. in Wiesweiler bestand nach
den reformierten und lutherischen Kirchenbüchern von Lauterecken aus
folgenden Personen:
Heirat: 15.2.1757 Aschbach:
Margarethe,
Tochter von Adam Schreiner, verwitwete Lamneck,
* 6.5.1719 (errechnet)+ 29.8.1781
Wiesweiler.